Dienstag, 30. September 2008

Anti-Baby-Pille

Was für ein WAHNSINN!!

Beginnen wir mit der ersten Ungewöhnlichkeit:

Vor drei Wochen hatte ich einen Traum.
Das an sich ist noch nicht ungewöhnlich, jeder Mensch träumt - nur kann ich mich am nächsten Morgen nie an meine Träume erinnern. An den vor drei Wochen kann ich mich erinnern.
Werde ihn auch mein Leben lang nicht vergessen. (Mein Leben ist bedroht, jemand will mich töten, ich verschanze mich in Todesangst im Haus meiner Großmutter, während mein Mörder über das Grundstück schleicht und einen Weg ins Haus sucht bzw. darauf hofft, mich in einem unbedachten Moment durch eines der Fenster erschießen zu können. Ich kauere in der leeren Badewanne, an den Rand gedrückt, damit ich nicht sichtbar bin, meine Mutter versteckt sich unter dem Waschbecken... irgendwie gelingt es meinem Stiefvater, ins Bad zu kommen, kauert sich zu meiner Mutter und plötzlich kann ich meinen Mörder durch das Milchglas der Türscheibe sehen. "Deine Dienstwaffe!!!" schreie ich panisch zu meinem Stiefvater - und der springt auf, reißt seine Waffe aus dem Holster, stellt sich breitbeinig vor die Badewanne und zielt auf den Schatten hinter der noch verschlossenen Türe!)

Schweißgebadet und mit Herzrasen wache ich auf, versuche, die Angst, die noch immer an mir klebt, abzuschütteln, es gelingt mir, langsam. Das eigentlich bewegende an diesem Traum jedoch ist:
Mein Stiefvater, der Mann, mit dem ich seit siebzehn Jahren überhaupt nicht verstehe, der nie mit mir spricht, für den ich immer ein Quertreiber war und von dem ich mich nie akzeptiert fühlte, dieser Mann hat sein Leben für mich riskiert!!

Ich war so bewegt von diesem Gefühl, dass ich umgehen zu Hause anrief, meinem Stiefvater von dem Traum erzählte und ihm sagte, wie schön ich das fand, wie tief berührt ich noch immer von dem Gefühl aus dem Traum bin, ihm so wichtig gewesen zu sein und dass ich es für möglich halte, dass ich vielleicht all die Jahre ein falsches Bild von ihm hatte.

Das war das erste persönliche, emotionale Gespräch seit Jahren. Es dauerte keine fünf Minuten und es ist mir egal, ob es an unserem Verhältnis etwas verändert - es war mir einfach ein Bedürfnis, ihm das zu sagen!

Doch zurück zum eigentlichen Thema.
Der Traum war das erste ungewöhnliche Ereignis einer Kette von Merkwürdigkeiten, die danach folgten.

Weiters beschäftigte mich plötzlich meine berufliche Existenz bwz. die Frustration darüber, dass ich nichts, absolut nichts tat, um meine berufliche Selbstständigkeit tatsächlich anzukurbeln. Ich verspürte den Wunsch nach Erfolg und hatte das Gefühl, mich dabei aber selbst zu sabotieren. So lag ich zwar stundenlang untätig im Bett und visualisierte Erfolg - oder hing irgendwelchen Tagträumen nach.. - investierte aber nicht einmal eine Stunde tatsächliche Aktivität, um mein Ziel zu erreichen. Ich merkte auch, dass ich mich dadurch selbst belog, aber es gelang mir nicht, diese Spirale zu durchbrechen. In einer Peergroup wollte ich eine Sitzung zu diesem Thema nehmen, aber andere Anliegen bekamen den Vorzug, und so kochte ich mich mit Eifersuchtsgefühlen meinen Kollegen gegenüber und Trotz weiter ein - und war zusätzlich noch verunsichert, weil solche Gefühle ansonsten nicht zu meinem Wesen oder meinem Gefühlsrepertoir gehören.

Der Eifersucht gefiel es aber anscheinend bei mir. Ich bemerkte, dass ich mich über Erfolge von Freunden nicht mehr aufrichtig freuen konnte und war auch auf die Frauen, mit denen meine Nicht-Beziehung ihre Zeit verbrachte, schrecklich eifersüchtig. Ich schämte mich für mich und war völlig verunsichert. Was war nur los mit mir?? Jede Kleinigkeit wurde zum Selbstläufer, völlig außer Kontrolle grub ich mich in einen Negativ-Kreislauf ein. Aus allem wurde ein Riesenthema und ich fühlte mich hilfos, labil und war von Selbstzweifeln zerfressen. Ich vergrub mich immer öfters im Bett oder verbrachte Stunden untätig vor dem Rechner - wobei das Bett den Vorzug bekam... passte auch gut, den ich hatte ohnehin ein enormes Schlafbedürfnis.

Dann kamen die Launen. Eine scherzhafte Bemerkung meines Freundes in einer Mail (er ist nicht mein Freund, wir führen keine Beziehung im konventionellen Sinn, und selbst wenn wir das getan hätten, sind wir seit Sonntag nicht mehr zusammen - aber die Bezeichnung "Freund" passt besser in den Schreibfluss...) kippte einen ganzen Tag lang meine Stimmung, einen gemütlichen Fernsehabend verpatzte ich durch völlig widersinniges Herumgezicke. Ich war völlig von den Socken, fühlte mich so hilflos, so verwirrt, weil ich lauter Dinge tat, die ich normalerweise nie tue. Ich spüre mich sonst gut, aber ich fühlte mich völlig aus dem Gleichgewicht und jeder Versuch, wieder zu mir zu kommen, misslang. Wieder Flucht ins Bett. Weinen.

Dann sagte ich am Tag, als meine beste Freundin und ich einen gemeinsamen Kurzurlaub buchen wollten (wir hatten tagelang recherchiert und schon sehr darauf gefreut, es sollte mein erster Urlaub-mit-Verreisen seit sieben Jahren werden - abgesehen von meinem Vater-Erstbesuch vor 2004), die Reise ab. Weil ich plötzlich Existenzängste hatte und glaubte, mein Geld nicht für derartigen Luxus ausgeben zu können, wo ich doch eine lange Liste an "sinnvollen" Investionen und wirklich dringlichen Einkäufen hatte, die ich auch glaubte, tätigen zu müssen. Ein neuer Wintermantel beispielsweise, denn der, den ich besitze ist über acht Jahre alt und inzwischen schon so aus der Form und abgetragen, dass er sogar kahle Stellen hat. Flucht ins Bett. Weinen. Schlafen.

Plötzlich befand ich mich mitten in einem existanziellen Drama aus Erfolglosigkeit und Geldmangel. Ich war ein Bündel aus Hilflosigkeit und Scham, fühle mich mies und war mir selbst so fremd. Ich kenne schlechte Gefühle, ich weiß, wie sich Schmerz anfühlt, wie sich ein Thema an die Oberfläche bahnt, ich kenne Krisen und kann sie überstehen - aber das, was sich da abspielt, war mir unbekannt und nicht geheuer.

Ich ging wiederwillig und lustlos in die Arbeit, ging dort allen Kunden aus dem Weg. Ich fühlte mich fehl am Platz. Dafür schüttete ich literweise Flüssigkeit in mich hinein, meine Kolleginnen lachten, weil bereits nach dem ersten Treppenanstieg zu Dienstbeginn völlig durchgeschwitzt war und sagte: "Mädels, es ist nicht zu fassen: Ich habe Hitzewallungen, als wäre ich in den Wechseljahren..."

Ich begann, mich zweimal täglich zu duschen und verschiedene Düfte und Körperöle zu verwenden, weil ich mich selbst nicht mehr riechen konnte und mich abstoßend fand.

Am Sonntag dann der absolute Super-GAU. Ein Riesenstreit mit meiner Nicht-Beziehung, meine Unsicherheit und meine Eifersucht erreichen ihren Gipfel (ganz sicher nicht ohne seine Beteiligung, er verfängt sich in einem Gestrüpp aus Flunkereien und Lebensbereichen, die er mir vorenthält), schlittern in eine Grundsatzdebatte, er ist nicht gesprächs- und auch nicht lösungsbereit, ich laufe emotional Amok, steigere mich völlig hinein in die Sache und verliere Kopf und Nerven.
Aus.

Meine Anrufe, zwanzig, dreißig - völlig irre! - gehen ins Leere.
Ich spüre nichts mehr, alles, was ich tue, ist out of control, ich fühle mich wie ferngesteuert und habe in erster Linie Angst. Ich laufe stundenlang durch die Stadt, versuche, einen klaren Gedanken fassen zu können oder irgendeine Verbindung zu meinem Inneren herzustellen. Erfolglos. Meine Verzweiflung wächst.

Ein letzter, brutaler Mailwechsel. Er hat das Interesse verloren, will diese Verbindung nicht mehr.

Aus.

Und ich? Ich bin in erster Linie fassungslos, weil ich nicht begreifen kann, in was für einem Film ich gerade stecke. Ich habe den ganzen Tag nicht gegessen, in der Nacht bekomme ich Bauchkrämpfe und Durchfall. Am nächsten Morgen geht es mir noch immer nicht besser, ich melde mich im Geschäft krank und gehe zu meiner Hausärztin.

Ich erzähle ihr die ganze Story.
"Bist du schwanger?", fragt sie mich.
"Nein!", antworte ich. "Im Gegenteil, ich nehme seit drei Wochen die Pille..."

Noch während ich den Satz ausspreche, erkenne ich, dass darin die Lösung liegt. Und meine Ärztin bestätigt das auch gleich.
DAS SIND NEBENWIRKUNGEN!!!!
Ich habe sieben Jahre lang die Pille nicht genommen, mein Hormonhaushalt war völlig in seinem natürlichen Zyklus und fast so präzise wie ein schweizer Uhrwerk. Ich wusste immer ganz genau, in welcher Phase ich mich befinde, hab an meinem unglaublichen Hunger auf Sex meine fruchtbaren Tage erkannt, an der Veränderung meines Hautbildes und an meiner Körbchengröße, wann meine Regel bevorstand, etc. Jetzt ist mein Hormonhaushalt völlig aus seinem natürlichen Gleichgewicht gerissen, stellt sich komplett um - und als Auswirkung dessen schleudert es mich emotional völlig außer Kontrolle kreuz und quer herum!!

Das sollte sich nach ein paar Zyklen legen - ich habe aber natürlich auch die Möglichkeit, auf ein anderes Präparat umzusteigen...

Ich habe in den vergangenen Jahren sehr viel dafür getan, um mich mit allen Facetten spüren zu können und in ein emotionales Gleichgewicht zu kommen, ich bin stabil, glücklich, kann Krisen meistern und spüre auch sofort, wenn ich nicht in Verbindung mit meinem Inneren stehe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich all das wieder aufgeben möchte und mit einer künstlicher Hormone zudecken, die mich AUS meinem Gleichgewicht bringen und meinem Körper einen Zustand vorgaukeln, der nicht ist.

Ich habe begonnen, die Pille zu nehmen, um ohne Kondom mit einem Mann, dem ich vertraue, schlafen zu können. Ich wollte ihn "ganz" spüren - hab auch seine Weigerung, ein Kondom zu verwenden höher angesetzt als meine ursprüngliche Ablehnung von hormoneller Verhütung... sagt auch was aus - und dennoch nicht gleich schwanger werden. Diese Verbindung wird es aber nicht geben, und ich bin auch nicht bereit, mit den Nebenwirkungen der Pille ohne sein Verständnis oder seine Unterstützung zurechtkommen zu müssen - genauso wie ich es mit einer möglichen Schwangerschaft hätte tun müssen, eben weil wir kein wirkliches Paar sind. Darum gibt es keinen Grund, mir die Pille - und auch diese Verbindung - länger anzutun.

(Ich bin wohl bereit, für eine genußvolle, unbeschwerte Zweisamkeit Kompromisse einzugehen und für einige Zeit hormonell zu verhüten, aber dann möchte ich auch einen Partner an meiner Seite, der das - inklusive Nebenwirkungen - mitträgt. Denn nur um eine Verbindung zu einem Mann haben zu können, die auf Unverbindlichkeit ausrichtet ist, bin ich nicht bereit, die Verbindung zu mir selbst zu unterbrechen. Wenn der Mann bereit ist für Verbindlichkeit und mich - auch mit Nebenwirkungen - ganz nehmen kann, dann bin ich auch bereit, durch die Pille mehr Spielraum für Zeit zu Zweit zu schaffen, ohne gleich eine Schwangerschaft einkalkulieren zu müssen.)

Zum Schluss diesselben Worte wie zu Beginn:
Ein Wahnsinn...

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